Zum Video „Der Dallas-Mythos“ (Nominierung zum DA!art award „Die Macht des Mythos“, Stadtmuseum Düsseldorf, 2022):

Wer sich mit Verschwörungen und damit einhergehend mit Verschwörungstheorien auseinandersetzt, kommt nicht an der Frage vorbei, ob eine solche tatsächlich vorliegt oder nicht. Gerade in der gegenwärtigen Zeit, in der die Medien vor Verschwörungstheorien nur so strotzen, muss man sich in jedem einzelnen Fall mit dieser Frage intensiv auseinandersetzen.

Diese Problematik kann sehr gut anhand des Attentates auf den amerikanischen Präsidenten JFK (Kennedy) im Jahre 1963 in Dallas (Texas) reflektiert werden, um welches sich mehr Verschwörungstheorien ranken, als um viele andere Ereignisse aus dem zwanzigsten Jahrhundert. Es handelt sich dabei um den klassischen Fall, in dem jeder Ansatz einer Erklärung a priori Gefahr läuft, zu einer „Verschwörungstheorie“ zu mutieren. Filmisch umfangreich dokumentiert, wird seit über mehr als fünfzig Jahren die Frage diskutiert, ob das Attentat von einem Einzeltäter verübt wurde, wie seinerzeit von der WARREN-Kommision behauptet, oder aber eine Gruppe von „Verschwörern“ dahinterstand. Warum wurde der vermeintliche Kennedy-Attentäter Lee Harvey OSWALD kurz nach seiner Verhaftung durch den Nachtclub-Besitzer Jack RUBY erschossen? Folgt man der Theorie des Einzeltäters, so könnte dies bereits als eine von Verschwörern lancierte „Verschwörungstheorie“ gedeutet werden, ebenso wie die Annahme, dass die Mafia- und/oder sogar Regierungsorganisationen hinter dem Mord standen. Es gibt bis zum heutigen Tag keine absolute Wahrheit, sondern nur Vermutungen bzw. Theorien. In diesem Zusammenhang vertritt der Unterzeichner übrigens die Meinung, dass es grundsätzlich nur Theorien geben kann, da der rein sprachliche Begriff „Verschwörungstheorie“ unmittelbar zu Stigmatisierungen bzw. Manipulationen führen kann.

Das Video „Der Dallas-Mythos“ soll dazu beitragen, sich kritisch mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Bei den gezeigten Computersimulationen handelt es sich nicht um einfache Animationen, sondern um auf Basis realer Daten (Geometrie, Anatomie, Materialparameter etc.) generierte Modellierungen und Berechnungen mittels geeigneter Computersoftwaren (Finite Elemente Methode), aus der früheren Tätigkeit des Unterzeichners stammend. So werden im Video anhand der nach dem Filmausschnitt der Kennedy-Rede in Berlin eingeblendeten frontalen und seitlichen Kennedy-Portraits zunächst sogenannte computergestützte Grafiken bzw. Modellierungen erzeugt, in welchen die am Kopf sichtbaren Linienstrukturen „Rechennetze“ darstellen. Mit Hilfe dieser Modellierungen erfolgt dann die dreidimensionale Rekonstruktion des kompletten Kopfes bzw. Schädels, womit die Berechnung und Simulation der Interaktion zwischen eindringendem Geschoss und Schädel ermöglicht wird. Weiterhin sind damit Simulationen von „Verletzungsszenarien und -strategien“ am Computer möglich, die dann die Grundlage für eine „optimale“ Umsetzung in der Realität bilden (in diesem Fall die Elimination von JFK). Diese Filmsequenzen sollen im Sinne einer Allegorie eine mögliche „Planungs-Macht“ im Hintergrund des Attentates symbolisieren, die einem Einzeltäter mit einem veralteten Gewehr niemals zur Verfügung gestanden haben kann.

 

 

 

Zum Video „Zieloptimierung“ (ausgestellt in „Der Tod ist ein Meister aus Ulm“, Kunstpool-Galerie Ulm, 2021):

Heutige Waffentechnologien basieren in hohem Maße nicht zuletzt auf Methoden zum Zwecke einer effektiven Schadensrealisierung am Gegner. Soll heißen, dass man möglichst im Vorhinein wissen möchte, wie eine Waffe optimal einzusetzen ist und wie die Zerstörung eines Zieles maximiert werden kann (Zieloptimierung, Elimination des Gegners). Stellvertretend anhand des historischen Ereignisses des Kennedy-Attentates wird eine dieser Methoden als Allegorie in Videotechnik skizziert, wobei der Schuss das Unheil aller Waffentechnik symbolisiert.

So handelt es sich bei den gezeigten Computersimulationen nicht um einfache Animationen, sondern um auf Basis realer Daten (Geometrie, Anatomie, Materialparameter etc.) generierte Modellierungen und Berechnungen mittels geeigneter Computerprogramme (insbesondere FEM). Das Video evoziert überdies eine Verschränkung unterschiedlicher Realitäten: die am Computer erzeugte streng-wissenschaftliche Realität, quasi in Form einer ökonomischen und „emotionslosen“ Tötungsplanung einerseits sowie die per ZAPRUDER-Film wiedergegebene Geschehensrealität andererseits. Beide stellen unterschiedliche Abbildungen des „realen oder wahren“ Geschehens dar.